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Vom Kampf um Hausbrunnen zum Landrat

Publiziert am: 26. Oktober 2016 von IKT-Admin

Launige, spontane Rede des stellvertretenden IKT-Vorsitzenden Helmut Weiß, Landrat in Neustadt / Aisch – Bad Windsheim

Ich bedanke mich bei Sebastian und bei der Vorstandschaft, dass sie 30 Jahre für die IKT und für die Bürgerinnen und Bürger in Bayern eingestanden sind. Herzlichen Glückwunsch für 30 Jahre IKT!

Ich gehöre nicht ganz zu den Gründungsmitgliedern  der IKT, bin aber wenigstens seit 1986  dabei. Wie die meisten von Ihnen  kam ich durch einen Wasserkampf dazu, bei Nacht und Nebel sollten wir ans Fernwasser angeschlossen werden. Ich will etwas weiter ausholen: Die Gemeinde Oberzenn mit etwa 2800 Einwohnern hat 14 Ortsteile, zum Großteil mit eigener Wasserversorgung. Die Brunnen waren nicht besonders gut. Man hat sich bei der Gemeinde nach der Zukunft der Wasserversorgung erkundigt, da hieß es, ihr bekommt kein Fernwasser, ihr müsst euch selber helfen. Das haben wir auch gemacht, wir haben unsere eigenen Brunnen gebohrt und saniert. Dann ein halbes Jahr später sollten wir in einer Nacht- und Nebel-Aktion doch ans Fernwasser angeschlossen werden, das hat eine  Protestwelle hervorgerufen. Wir suchten uns Hilfe bei der IKT, besonders tatkräftig unterstützte  uns Sebastian Schönauer, ein exzellenter Redner, der die Leute mitnimmt. Und jetzt nach 30 Jahren haben wir immer noch unser eigenes Wasser und sind nach wie vor stolz auf unsere eigene Wasserversorgung.

Ein weiteres Feld, das die IKT unterdessen auch beackert, ist die Abwasserentsorgung im ländlichen Bereich. Wir waren Vorreiter in Oberzenn, denn wir haben Kleinkläranlagen, Teichanlagen und Schilfkläranlagen, in Eigenregie gebaut haben. Wir wollten das selber regeln wie beim Wasser, als eine der ersten Gemeinden haben wir Teichanlagen und Schilfkläranlagen in Eigenregie errichtet – und das hat heute noch Bestand. Auch bei der Wasserwirtschaft hat sich da etwas bewegt, das Wasserwirtschaftsamt Ansbach hat etwas erkannt. Es ist nicht so leicht, aber es versucht mit den Kommunen Lösungen für die Verlängerungen für die Teichanlagen zu finden.

Meine politische Laufbahn ist ebenfalls eng mit der IKT verknüpft. Ich war als Vorsitzender, als  „Rädelsführer“ in unserer Gemeinde beim Wasserkampf aufgestanden. Als Vorsitzender der Interessengemeinschaft musste ich mich der Verantwortung stellen. So ließ ich mich 1990 für den Gemeinderat aufstellen lassen, ich bekam die meisten Stimmen und wurde auch zum 2. Bürgermeister gewählt. Aber 1996 wollte ich aus der Kommunalpolitik aussteigen, da ich immer im Clinch war mit dem 1. Bürgermeister, das ist kein gutes Verhältnis und tut einem Dorf nicht gut. Dann aber hat man mich gebeten wieder für den Gemeinderat zu kandidieren und als Bürgermeisterkandidat gegen einen amtierenden Bürgermeister, der seit 2 Perioden im Amt war.  Ich sah wenig Chancen, nur aus einem Ortsteil und bei meinem Beruf: Als Polizeibeamter  habe ich vielleicht schon dem einen oder anderen ein Knöllchen verpasst! Ich dachte an vielleicht 30%, 40%, damit kann man leben. Am Wahltag sagte ich dann „Jetzt gehen wir rüber und gratulieren  dem Amtsinhaber“, aber da kamen uns alle entgegen „Du hast es geschafft, du hast es geschafft“. Und der erste Ausruf meiner Frau „ Das hättest du mir sagen können, dann hätte ich etwas anderes angezogen!“
Ich habe mich natürlich gefragt „Kannst du das überhaupt?“ Aber ich war dann 18 Jahre Bürgermeister, wurde  mit 96%, 94% wiedergewählt, allerdings ohne Gegenkandidat. 2014 setzte ich dann alles auf eine Karte, kandidierte nur als Landrat, nicht mehr als Bürgermeister und habe es geschafft.

Aber ich bin nach wie vor  nahe am Wasser dran, auch als Landrat betreue ich 100 Brunnen in unserer Gemeinde. Ich muss allerdings feststellen, dass durch unsere Wohlstandsgesellschaft eine gewisse Gleichgültigkeit aufkommt, dass man sich von den Anfängen absetzt. Damals hat man die Brunnen mehr geschützt und kümmerte sich darum. Die Bevölkerung wendet sich aus Bequemlichkeit von der Wasserversorgung ab. Es lässt nach, z.B. dass man mal eine Desinfektionschlorung macht, oder solche nötigen Dinge; sie würden nicht gemacht, wenn ich nicht schieben würde. Wenn ich die Brunnen nicht so eng betreuen würde, wären wir vielleicht schon ans Fernwasser angeschlossen.

Ein anderes Thema, bei dem  ich als Landrat tätig bin, habe ich von meinem Vorgänger geerbt: Es geht um das Wasserschutzgebiet Uehlfeld im östlichen Zipfel des Landkreises. Dort betreibt die Fernwasserversorgung Franken FWF Brunnen zur Versorgung des Gebietes und der Gemeinde Uehlfeld. Bei der Neuausweisung soll das Wasserschutzgebiet  auf das Vierfache ausgedehnt werden, das komplette Gemeindegebiet ist betroffen mit entsprechenden Verboten und Auflagen, z.B. bei Kanalsanierungen müssen doppelwandige Kanalrohre verlegt werden. Das ergibt sehr hohen Aufwand und bremst die Entwicklung der Gemeinde. Vom öffentlichen Versorger gibt es dafür keine Ausgleichszahlungen, erist auch nicht dazu verpflichtet.

Es läuft jetzt ein Verfahren, jetzt ist es beim Landtag anhängig, man versucht mich zu zwingen, diese Rechtsverordnung zu unterzeichnen. Aber ich bin der Ansicht, dass sich das Gebiet so nicht schützen lässt, es gibt ein Asphaltwerk, Biogasanlagen und ähnliches. Man hat kaum Alternativprüfungen durchgeführt, etwa mit intelligenter Steuerung der Brunnen. Und was am schlimmsten ist: Über der Gemeindegrenze in der Stadt Höchstadt wird ein Wasserschutzgebiet nach ganz anderen Maßstäben ausgewiesen – erklären Sie das den Bürgern. Deshalb unterschreibe ich momentan nicht. Dass ich als Staatsbeamter Aufforderungen der Regierung, also Anweisungen des Dienstvorgesetzten, missachte, das gibt es jetzt erst zum zweiten Mal –das erste Mal war in Wackersdorf. Ich habe mehrmals gegen diese Anweisung demonstriert, hoffe aber doch noch auf eine gute Lösung.

Sie sehen, ich bin immer noch eng mit dem Wasser und der IKT verbunden. Ich kann behaupten, ohne die IKT wäre vieles im Land und in den Gemeinden nicht möglich gewesen. Es hat vielen Politikern die Augen geöffnet, wenn man nicht nur protestiert, sondern mit Argumenten gegenhält und überzeugt. Daher sollte man die Ziele der IKT weiter unterstützen und ich wünsche in diesem Sinn weiter eine schöne Feier!